Sechs Minuten für eine Minute

Keine Angst, es versteckt sich eine Logik hinter diesem unlogischen Titel. Gestern hielt ich ein Referat über Stress in der Schule für ungefähr 120 Lehrer anlässlich der Eöffnung des neuen Schuljahres in Pietarsaari. Das Referat dauerte knapp zwei Stunden, aber wie viel Vorbereitungszeit liegt eigentlich hinter einem solchen Referat? Es freut mich zwar jedesmal, wenn die Zuhörer nach dem Referat zu mir kommen und ihre Bewunderung dafür ausdrücken, dass ich während zweier Stunden spontan soviel Interessantes berichten könne. Es ist nämlich eines meiner Ziele, den Eindruck zu erwecken, dass ich ohne Manuskript, einfach spontan drauf los spreche. Oft gestehen mir Zuhörer, dass sie auch gerne über diese Fähigkeit verfügen möchten. Wie gesagt, dieses Kompliment schmeichelt mir jedes Mal, aber die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Hinter jedem Referat und Vortrag steckt harte Knochenarbeit. Es gibt eine alte Regel, die besagt, dass man ungefähr sechs Minuten Vorbereitungszeit benötigt, um eine Minute scheinbar frei und spontan sprechenzu können. Dies bedeutet, dass ein zweistündiges Referat etwa 12 Stunden Vorbereitung erfordert. Selbstverständlich verkürzt sich die Vorbereitungszeit beträchtlich, wenn man einen Vortrag einige Male gehalten hat.
Morgen Mittwoch bin ich eingeladen an einem Nachtessen für rund 100 Unternehmer einen halbstüindigen Vortrag zu halten. Die Zuhörer werden dabei kaum daran denken, dass hinter dieser halben Stunde mindestens drei Stunden intensive Vorbereitung liegen. Falls Sie jetzt meinen, ich möchte mit diesem Blog Mitleid erwecken, so irren Sie sich. Ich kann nämlich mit gutem gewissen behaupten, dass ich die Vorbereitungen für ein Referat gegenüber dem Halten des Referates bevorzuge. Meine Absicht mit diesem Blog ist es, Sie bewusst zu machen, dass sehr viel Arbeit hinter einem guten Referat liegt. Je ungezwungener der Referent spricht, desto mehr Vorbereitungszeit hat er oder sie mit grösster Wahrscheinlichkeit dafür investiert.